PRESSEMITTEILUNG

Frauen mit Kopftuch trauen sich nicht mehr auf die Straße

„Die Verunsicherung bei Frauen, die ein Kopftuch tragen, nimmt zu. Sie trauen sich immer seltener auf die Straße aus Angst vor Übergriffen. Zehn Jahre nach dem Mord an Marwa El Sherbini ist das ein Armutszeugnis“, erklären Aynur Handan Yazıcı, Vorsitzende der Frauenorganisation der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), und Meryem Saral, Vorsitzende der IGMG-Frauenjugendorganisation. Anlass ist der Tag des antimuslimischen Rassismus, der jährlich am 1. Juli begangen wird in Gedenken an Marwa El Sherbini. Sie wurde Opfer eines ausländer- und islamfeindlich motivierten Mordes. Die schwangere Mutter wurde am 1.7.2009 während einer Verhandlung am Landgericht Dresden mit mehreren Messerstichen vor den Augen ihres kleinen Sohnes und ihres Ehemannes getötet. Aynur Handan Yazıcı und Meryem Saral weiter:

„Immer mehr Frauen mit Kopftuch meiden das öffentliche Leben oder gehen nur noch in Begleitung und mit großer Angst auf die Straße. Die Verunsicherung, Opfer einer islamfeindlich motivierten Gewalttat zu werden, wird immer größer unter den Betroffenen. Inzwischen erreichen uns täglich Berichte von betroffenen Frauen, die auf offener Straße tätlich angriffen, bespuckt und beleidigt wurden.

Die Täter agieren immer selbstbewusster, offensiver und ungehemmter – unabhängig davon, ob sie von anderen Personen beobachtet werden oder nicht. Die Hemmschwelle bei islamfeindlichen Straftaten sinkt immer weiter, sie werden teilweise sogar ungeniert zur Schau gestellt und ernten in manchen Gegenden sogar Zustimmung und Beifall. Das sind unerträglich Zustände.

Viele Täter fühlen sich bestärkt vom gesellschaftlichen Klima, das durch öffentliche Debatten um Kopftuchverbote immer wieder negativ aufgeladen wird. Aber auch der Gesetzgeber gibt mit seinen Kopftuchverboten ein sehr schlechtes Vorbild ab. Er ist aufgefordert, diesen folgenreichen Fehler zu beseitigen.

Zehn Jahre nach dem Mord an Marwa El Sherbini ist das ein Armutszeugnis. Der Mord an Marwa El Sherbini ist der sichtbare Teil eines riesigen Eisbergs. Er hat gezeigt, wozu Hass und Hetze führen, zu welchen Untaten sie Menschen hinreißen können. Der 1. Juli hat sich eingebrannt in unser kollektives Gedächtnis. Er wird uns immer tiefschwarz in Erinnerung bleiben.

Dieser Tag ist aber auch eine Mahnung, dass wir alle gemeinsam gefordert sind, uns gegen Extremismus und Gewalt jeder Art entgegenzustellen – unabhängig davon, von wem sie ausgehen und wen sie treffen. Es muss uns klar sein, dass rassistisch motivierte Angriffe nicht nur die direkten Opfer treffen, sondern die Gesamtgesellschaft, das Zusammenleben, die Pluralität und unsere Verfassung. Wir dürfen das nicht zulassen. Deutschland ist auch unsere Heimat. Wir lassen sie uns nicht wegnehmen.

Die Frauen- und Frauenjugendorganisation der IGMG werden deshalb am 28. September in einer europaweiten Aktion auf die Straße gehen und für Vielfalt und Pluralität werben. Wir wollen Menschen sensibilisieren und ein Bewusstsein dafür schaffen, welche Folgen Ausgrenzung und Diskriminierung von ethnischen und religiösen Minderheiten für die Gesellschaft haben. Zugleich wollen wir uns bei Menschen bedanken, die uns bei diesem Anliegen unterstützen – auch von ihnen gibt es zum Glück sehr viele.“