PRESSEMITTEILUNG

Islamische Gemeinschaft: Ist die Polizei noch Freund und Helfer?

„Die Polizei muss über jeden Zweifel erhaben sein. Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland können sich darauf nicht mehr verlassen“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die MEGAVO-Studie der Deutschen Hochschule der Polizei. Danach wurden bei 17 Prozent der Polizistinnen und Polizisten muslimfeindliche Einstellungen festgestellt. Vor zwei Jahren waren es elf Prozent. Ali Mete weiter:

„Die Polizei, unser Freund und Helfer. Daran sind Zweifel angebracht. Einer neuen Studie zufolge hat fast jeder sechste Polizist muslimfeindliche Einstellungen – vor zwei Jahren war es jeder Zehnte. Das ist eine sehr beunruhigende Entwicklung. Offensichtlich gibt es in den Sicherheitsbehörden ein massiv gestörtes Bild auf Teile der Bevölkerung. Das darf nicht sein. Der drastische Anstieg antimuslimischer Einstellungen ist ein dringender Handlungsauftrag.

Die Maßnahmen zur Sensibilisierung der Polizei während der Ausbildung und in der Fortbildung sind unzureichend. Was Fachleute seit Jahren bemängeln, ist nicht mehr von der Hand zu weisen: Die Polizei braucht verpflichtende und mehr Programme zur Stärkung interkultureller Kompetenzen sowie Sensibilisierung in den Bereichen Diskriminierung und Rassismus. Solche Module stehen in vielen Bundesländern zwar im Programm, sind aber oft nicht verpflichtend. Die polizeiliche Aus- und Fortbildung gehört dringend auf den Prüfstand.

Das Vertrauen der muslimischen Bevölkerung in Deutschland in die Arbeit der Polizei hat seit dem Totalversagen im NSU-Komplex einen massiven Schaden genommen. Zahlreiche weitere Ermittlungsreinfälle haben das Vertrauen weiter bröckeln lassen. Viele fühlen sich oft alleingelassen, nicht ernst genommen mit ihren Anliegen. Viele islamfeindlich motivierte Straftaten werden aufgrund negativer Erfahrungen von Betroffenen gar nicht zur Anzeige gebracht. Die Politik ist dringend aufgerufen, dem zunehmenden Vertrauensverlust mit nachhaltig wirkenden Maßnahmen entgegenzuwirken.

Eine erste Sofortmaßnahme wäre die Errichtung unabhängiger Beschwerde- und Ermittlungsstellen für Fälle, in denen die Polizei selbst im Verdacht steht. Es ist ein Unding, dass Ermittlungen gegen Polizeibeamte von Kollegen aus der nächsten Wache geführt werden. Solche Fälle werden ganz überwiegend ergebnislos eingestellt, was nicht verwundert. Das trägt mit dazu bei, dass das Vertrauen in den ‚Freund und Helfer‘ massiv Schaden nimmt.

Die Polizei muss über jeden Zweifel erhaben sein. Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland müssen sich selbstverständlich auf die Polizei verlassen können. Das zu gewährleisten, ist Aufgabe der Politik. Diesem Auftrag wird sie nicht gerecht. Dies ist auch ein Versagen gegenüber der ganz überwiegenden Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten. Denn umgekehrt haben fünf von sechs Beamten keine antimuslimischen Einstellungen. Aufgrund einer problematischen Minderheit in den Sicherheitsbehörden müssen alle Polizeibeamte den Vertrauensverlust bei der Bevölkerung mittragen.”